Informationen des Präsidenten der Stiftung Lorenzerhof Günter Staffler

Nachrichten Vom 20.05.2020

Informationen des Präsidenten der Stiftung Lorenzerhof Günter Staffler

... in der Gemeinderatssitzung von Lana am 7. Mai 2020

„Guten Nachmittag, ich darf mich im Namen des Stiftung Lorenzerhof herzlichst für diese Einladung bedanken. Ich denke wir alle hier sind uns bewusst, dass die Situation, die sich in den Seniorenwohnheimen durch diese Pandemie ergeben hat, eine ganz besondere ist. Dort lebt ein großer Teil der gefährdetsten Bevölkerungsgruppe unseres Landes, und dies konzentriert auf relativ engen Raum.

Das Interesse und das Mitgefühl mit dem, was zur Zeit in den Seniorenwohnheimen passiert, die Ängste und Sorgen, wie es den Heimbewohnern und auch allen, die in diesen Einrichtungen arbeiten, geht, ist deshalb nicht nur bei den direkt Betroffenen und den Angehörigen, sondern generell in der Bevölkerung entsprechend groß.

Deshalb war es uns als Stiftung Lorenzerhof von Anfang an ein großes Anliegen, nicht nur mit den Angehörigen der Bewohner im Dauerkontakt zu sein und zu bleiben, sondern auch immer wieder einer breiteren Bevölkerung über die Geschehnisse im Hause so ehrlich und transparent wie möglich zu berichten - vornehmlich über unsere Homepage, aber auch durch diverse Stellungnahmen auf der Facebookseite ,Bewohner in Lana‘ und über verschiedene Medienberichte.

Um so dankbarer sind wir dem Bürgermeister und dem Lananer Gemeinderat, dass wir mit Ihnen in einen direkten Dialog treten können.

Vorerst ein paar ,nackte‘ Zahlen: die Stiftung Lorenzerhof bietet 150 Senioren einen Wohnplatz, 138 im Seniorenwohnheim in Lana, aufgeteilt auf sechs Wohnbereiche, und 12 Bewohner im Haus Sebastian in Tscherms. Über 180 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmern sich tagein tagaus um das Wohl dieser Bewohner. Daneben führt die Stiftung auch ein Tagespflegeheim mit 10 Plätzen und eine Seniorenmensa für 25 Senioren. Diese beiden Dienste mussten leider in Umsetzung der gesetzlich vorgesehenen Schutzmassnahmen Anfang März geschlossen werden.

Womit wir bereits bei den Ereignissen und Maßnahmen der letzten beiden Monate sind. Monate, die alles, was wir bisher dachten und machten, auf den Kopf gestellt haben.

Und ich kann ihnen versichern, dass dies auch für mich die schwersten und belastendsten zwei Monate meiner inzwischen fast 20-jährigen Tätigkeit als Verwaltungsrat und dann als Präsident sind. Und ein Ende ist leider immer noch nicht in Sicht.

Für den Lorenzerhof ist es von größter Bedeutung, ein offenes Haus zu sein, in dem das soziale Leben und der Kontakt zur Gemeinschaft höchsten Stellenwert hat, mit zahlreichen dort aktiven Freiwilligen und sozialen Vereinen, mit einem Park der auch von den Lananer Bürgern geschätzt und gerne besucht wird. Begegnung und soziales Miteinander sind sozusagen die Grundlagen unserer gelebten Betriebsphilosophie und Betriebskultur.

Und dann plötzlich dieser verordnete ,Lockdown‘. Natürlich haben wir als Stiftung Lorenzerhof zum Schutze der uns anvertrauten Bewohner alle von den staatlichen und den Landesbehörden sowie den ärztlich-medizinischen Verantwortlichen angeordneten Maßnahmen mit Start Anfang März gewissenhaft und auch professionell umgesetzt:

So wurde ein hausinterner operativer Krisenstab unter der Leitung von Frau Direktor Beatrix Kaserer und des ärztlichen Leiters des Hauses, Dr.Lorenz Knoflach eingerichtet, das Haus und der Park nach außen hin geschlossen, der Bar- und Restaurantbetrieb, das Tagespflegeheim und die Seniorenmensa eingestellt, der Zutritt für alle Außenstehenden, inklusive Angehörige und Freiwillige, unterbunden und alle hausinternen organisatorischen Massnahmen zum Schutze der Heimbewohner und der Mitarbeiterinnen zügig und umfassend ergriffen und umgesetzt. Genauere Details dazu finden Sie auf unserer Homepage wo wir auch diese hausinternen Maßnahmen transparent nach außen mitgeteilt haben.

Unser Hauptaugenmerk galt dabei stets der Gesundheit von Heimbewohnern und Mitarbeitern. So ist es uns auch anfänglich recht gut gelungen, den Virus vom Heim fern zu halten. Fast einen Monat später jedoch, am 31. März, wurde eine Bewohnerin, die bis dahin (und auch danach) völlig symptomfrei war, bei einer Routinekontrolle positiv getestet. Daraufhin wurden unter ärztlicher Anordnung alle Bewohner isoliert, um eine weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern. Im betroffenen Wohnbereich 1 und 2 (im 1. Stock) leider mit nur mäßigem Erfolg. In den darauffolgenden zwei Wochen wurden dort weitere 24 Heimbewohner positiv getestet, worauf der Wohnbereich 2 - immer unter ärztlicher Anordnung - in einen in sich geschlossenen Covid-Bereich (mit Schleusen-System wie im Krankenhaus) umgebaut und alle positiv getesteten Bewohner dorthin verlegt wurden. Diese Vorgangsweise ist auch von den zuständigen Sanitätsverantwortlichen unter der Leitung des Primars der Geriatrie, Dr. Wenter, begutachtet und als sehr professionell gelobt worden.

Diese Maßnahmen haben in der Folge dazu geführt, dass die meisten Bewohner mit Covid-Infektion einen relativ milden Krankheitsverlauf aufwiesen und eine weitere massive Ausbreitung des Virus im Hause bis heute verhindert werden konnte.

 

Wie ist also der Stand der Dinge heute im Seniorenwohnheim Lana:

 

 

Stand Heimbewohner:

Heute, fast genau zwei Monate nach dem ,Lockdown‘, ist es uns endlich gelungen, alle Heimbewohner mit Hals- und Nasenabstrich zweimal durchtesten zulassen. Das Ergebnis ist, dass insgesamt 27 Heimbewohner positiv getestet wurden. Von diesen sind in der Zwischenzeit vier verstorben, weitere 13 sind inzwischen zwei Mal negativ getestet und werden somit als geheilt in den Wohnbereich zurückverlegt. In den fünf Wohnbereichen, wo alle Bewohner zwei Mal negativ getestet sind, können somit auch die strengen Sicherheitsauflagen für Bewohner und Mitarbeiter wieder etwas gelockert werden.

Noch ein Wort zu den Daten der Verstorbenen: in diesen etwas mehr als zwei Monaten sind im Lorenzerhof insgesamt 15 Personen (mit und ohne Infektion) verstorben, gleich viele wie im Vorjahr in den Monaten März und April. Verglichen mit dem langjährigen monatlichen Durchschnitt sind es jedoch in etwa doppelt so viele. Vier Verstorbene waren nachweislich Covid-infiziert, weitere drei waren nachweislich negativ getestet, bei den restlichen Verstorbenen weiss man es nicht.

 

Stand Mitarbeiter:

Nachdem anfänglich auch sechs Mitarbeiter positiv getestet wurden, von denen inzwischen drei bereits wieder gesund in den Dienst zurückgekehrt sind, sind vor kurzem vom Sanitätsbetrieb auch alle restlichen Mitarbeiter mit dem Antikörperschnelltest getestet worden. Mit dem für alle sehr erfreulichem Ergebnis, dass von diesen niemand infiziert war. Dies ist zwar nur eine Momentaufnahme, die sich jederzeit ändern kann, hat aber dennoch zu einer spürbaren Beruhigung bei allen Betroffenen geführt.

 

Wie gehts es nun weiter? Wie kann und wie soll es nun weiter gehen?

Nun, zum einen ist zu sagen, dass zumindest derzeit unser Handlungs- und Ermessensspielraum als Verantwortliche im Lorenzerhof immer noch sehr begrenzt ist, weil die anfänglichen staatlichen und Landesauflagen für die Seniorenwohnheime immer noch unverändert gelten. Und auch im neuen viel diskutierten Landesgesetz sind dazu keine Neuerungen vorgesehen.

Dennoch möchte ich abschließend zu folgenden vier ,Knackpunkten‘, bzw. Prioritäten für unser Handeln, ein paar kurze persönliche Überlegungen anstellen:

 

Priorität Heimbewohner:

Diese befinden sich seit nunmehr über zwei Monaten in einer mehr oder weniger strengen Isolation. Der notwendige Schutz der Gesundheit fordert hier auf Dauer einen hohen Preis was die Lebensqualität, das Wohlbefinden und die Selbstbestimmung der Heimbewohner betrifft. Alles Werte, die eigentlich Grundlage unseres täglichen Handelns sind.

Wie lange ist eine solche Situation noch zumutbar? Und welches sind die möglichen und auch vertretbaren Alternativen? Was passiert, wenn eine schrittweise Lockerung dieser restriktiven Maßnahmen wiederum zu einem deutlichen Anstieg der Infektionen und der Todesfälle führt?

 

Priorität Angehörige:

Für die Angehörigen ist diese Situation auf Dauer nur schwer zu ertragen. Zwar haben wir von Anfang an die Möglichkeit stark ausgebaut, mit den Bewohnern zu telefonieren - auch über Videotelefonie - und uns auch bemüht, die Angehörigen über alles stets und umgehend am Laufenden zu halten. Und seit gestern haben wir auch mittels eines Containers einen Raum geschaffen, wo eine Art ,geschützte Begegnung‘ zwischen Heimbewohnern und Angehörigen möglich ist. Eine gläserne Trennwand in der Mitte des Containers verhindert eine mögliche Ansteckung und ermöglicht gleichzeitig den Sicht- und Sprechkontakt. Dies ist sicherlich ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung – unter Wahrung der derzeitigen Auflagen wohlgemerkt! Aber auch hier gilt die Frage: wie lange ist eine solche Situation zumutbar? Und welches sind alternative Möglichkeiten?

In diesem Zusammenhang möchte ich auch unbedingt auf einen besonders unmenschlichen Aspekt der derzeitigen Auflagen hinweisen, und zwar das Besuchsverbot auch bei sterbenden Heimbewohnern und die derzeitigen Auflagen bei der Beerdigung. Diese Unmöglichkeit, sich ,anständig‘ zu verabschieden, mit allen was damit verbunden ist, ist für mich etwas vom Schlimmsten. Deshalb hat unser ärztlicher Leiter Dr. Knoflach nunmehr unter eigener Verantwortung erlaubt, dass bei Heimbewohnern, die doppelt negativ getestet wurden und im Sterben liegen, der Zutritt von Angehörigen wieder erlaubt und ermöglicht wird.

 

Priorität Mitarbeiter:

Hier muss gesagt werden, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Seniorenwohnheimen und ihre Leiterinnen derzeit wahrhaft großartiges leisten, das nicht genug gewürdigt werden kann. Sie leisten nicht nur unter extrem erschwerten Bedingungen und Sicherheitsauflagen - Stichwort Schutzkleidung - hochwertige professionelle Pflege, sie sorgen auch mit großem Einfühlungsvermögen für eine menschlich wertvolle Betreuung und Begleitung der Heimbewohner und auch ihrer Angehörigen. Auch hier gilt die Frage: wie lange ist das in dieser Form noch zumutbar und welches sind die Alternativen?

 

Priorität Freiwillige und soziale Verbände im Seniorenwohnheim:

In den letzten Jahren und Jahrzehnten ist es uns gelungen, ein bewundernswertes engmaschiges Netz an ehrenamtlichen Aktivitäten im Heim aufzubauen, das tagtäglich das Leben der Heimbewohner bereichert und - nicht zu vergessen - die Arbeit der professionellen Pfleger auch erleichtert. Diese Aktivitäten sind der wahre Mehrwert unseres Hauses und dafür kann diesen Freiwilligen nicht oft genug gedankt werden. Auch das ist seit zwei Monaten völlig zum Erliegen gekommen, zu unser aller Bedauern. Auch hier wird es nicht leicht sein, in absehbarer Zeit zu einer Art Normalität zurück zu kehren.

Und auf noch einen problematischen Aspekt möchte ich abschließend hinweisen: der weiterhin bestehende Aufnahmestop von neuen Heimbewohnern. Im Lorenzerhof sind inzwischen 16 Plätze unbesetzt. Diese in der Akutphase der Pandemie sicherlich notwendige Verordnung schafft mit jeder Woche die vergeht mehr Schwierigkeiten: für die Familien vor allem, die zu Hause einen schweren Pflegefall haben und es nicht mehr schaffen, diesen ausreichend zu betreuen und die derzeit nicht einmal die Möglichkeit eines Tagespflegeheimes haben. Aber auch für die Heime selbst, die den finanziellen Verlust vom Land nur teilweise ersetzt bekommen. Auch hier ist gemeinsam mit den Entscheidungsträgern eine vernünftige Lösung anzustreben.

Sie sehen, geschätzte Gemeinderäte, die Herausforderungen und die offenen und noch ungelösten Fragen sind groß. Ich denke aber, wenn wir weiterhin konstruktiv zusammenschauen und uns gemeinsam um machbare, eventuell auch neue und bisher nicht angedachte Lösungen bemühen, werden wir auch diese Prüfung schaffen.

Nicht förderlich sind in diesem Zusammenhang natürlich Anpöbelungen und völlig haltlose Beschuldigungen gegenüber all denen, die sich zur Zeit gerade in den Heimen - mit Verlaub - ihren Allerwertesten aufreißen, um die Situation einigermaßen im Griff zu behalten und unter den vorgegebenen Bedingungen das menschlich und professionell Möglichste für die Heimbewohner zu bewirken. Ich meine dabei die Anpöbelungen und haltlosen Unterstellungen, wie erst kürzlich von einzelnen Gewerkschaftsvertretern und anderen Personen in den Medien und sozialen Netzen erfolgt sind.

Ängste und Sorgen sind in diesen teilweise auch sehr traumatischen Momenten durchaus verständlich und auch berechtigt, Unterstellungen und Beschimpfungen weit unter der Gürtellinie jedoch etwas weniger, denke ich.

Wichtig in diesem Sinne ist deshalb aus unserer Sicht nicht nur eine stets zeitgerechte und sachliche Information über das was Sache ist, sondern auch das Bemühen um einen konstruktiven Dialog und Meinungsaustausch zwischen allen Interessierten. Deshalb danke ich Ihnen nochmals für diese Einladung und bin schon gespannt auf Ihre Fragen und Anregungen.“

Günter Staffler, Präsident der Stiftung Lorenzerhof ÖBPB